Eine Frage der Qualität?

by Marcel

Als ich heute den Artikel auf zdnet zu diesem neuen NEC Monitor mit 12-Bit-Farbdarstellung und gekrümmter Oberfläche gelesen habe, kam mir wieder mein Beitrag in den Kopf, den ich euch schon seit längerer Zeit einmal online stellen wollte.

Immer wieder bekommen (Hobby)Fotografen die Frage gestellt “und, mit was für einer Kamera fotografierst du so?”, nur um dann häufig gerade von Leuten ohne Hintergrundwissen nach der Antwort gesagt zu bekommen “hmm, ist ‘ne Große, wa?”…

In ein Ähnliches Verhalten fallen häufig auch Anfänger, die sich durch den Kauf einer gräßeren/teureren/”besseren” Kamera auch bessere oder gar geniale Fotos erhoffen. Wie groß ist da wohl immer wieder die Enttäuschung, wenn die Fotos aus der neuen Kamera aussehen, wie die aus der alten?
Aber sind es immer nur die Anfänger und Unwissenden, die glauben, mit einer besseren Ausrüstung würden sie auch bessere Fotos machen? Definitiv nicht! Wer ein mal in ein Fotografieforum geguckt hat, kannte die Antwort bereits und weiß, worauf ich hinaus will.

In solchen Fotografieforen geht es heiß her. Wer welche Kameramarke nutzt, ist mittlerweile unter Hobbyfotografen schon mehr Religion, als sachliche Analyse der eigenen Bedürfnisse gegen das Angebot an Kameras und Objektiven der Hersteller. Ausführlich wird dann natürlich unter jedem Post durch die automatische Signatur dargelegt, was man so alles an Werten zu Hause rumliegen hat. Ist ja nur praktisch, wenn andere direkt wissen, mit was für einer Ausrüstung ich so fotografiere, anstatt es erst hinterfragen zu müssen. Farblich hervorgehobene, markenzugehörige Kennzeichen für hochwertige Ausrüstungsteile dürfen da natürlich auch nicht fehlen! Dient ja schließlich dem besseren Verständnis dafür, wie man so super Fotos macht!

Oh, da kommen wir schon zum nächsten Punkt. Die super Fotos aus den super Kameras 🙂
Wenn dem mal so wäre… Beispielhaft sind da Fotografen, die in einschlägigen Foren zu Massenklagen gegen Hersteller aufrufen, weil ihre 3000 EUR Profi-Kamera unter arktischen Bedigungen möglicherweise aufgrund eines technischen Fehlers versagen könnte, in der eigenen “Galerie” jedoch nur Fotos von im heimischen, deutschen Garten (oder im Winter im Wintergarten, ist ja schließlich kalt draußen) fotografierten Blümchen präsentieren, die jeglicher künstlerischer Tendenz entbehren.

Bei dem Vorgehen, sich eine super Ausrüstung ohne Nutzen anzuschaffen hält wohl die Sammlerleidenschaft einzug. Zudem gibt es (meinem subjektiven Empfinden nach) auch mehr Männer, als Frauen mit der Tendenz zu einem solchen Verhalten.

Was Gebrauchtkäufer und Hersteller natürlich freut, ist das Verlangen nach Neuem. Dabei sieht man stets einen regen Anstieg an gebrauchten Kameras des Vorgängermodels in den Gebrauchtbörsen, bei Ankündigung eines neuen Models. Es gibt natürlich Firmen, die lassen lange mit einem Nachfolgermodel auf sich warten (man erinnere sich an die D7D von Minolta), aber auch solche, die fast schon jährlich ein neues Model im gleichen Segment rausbringen und das mit Neuerungen, die immer häufiger mehr Schein, als Sein sind. Was sich die Käufer von einem solchen Wechsel erhoffen? Ich glaube die Vermutung hatte ich ja schon geäußert…

Aber was macht neuere, größere Kameras wirklich besser? Eines der Verkaufsargumente schlechthin ist und bleibt die Menge der Megapixel (MP). Der Megapixelwahn scheint auch im DSLR-Markt weiterhin nicht abzureißen und mit zunehmender Steigerung der Handy-Kamera-MP steigt wohl auch der Bedarf, sich mit höherwertigen Kameras davon abzusetzen. Letztendlich ist es wohl eine Frage des Einsatzes. Wenn ich für den eher privaten Bereich Portraits oder Veranstaltungen wie Hochzeiten fotografiere, reichen meine 12MP voll und ganz aus. Ein DinA1 Poster lässt sich damit problemlos drucken. Wer allerdings in der Werbung arbeitet und möglichst hochauflösend Leinwände, Planen und Plakate bestücken muss, der sollte natürlich schon über mehr MP nachdenken. Ich persönlich möchte nicht die Datenmengen verarbeiten und verwalten müssen, die alleine bei den aktuellen großen MP-Monstern im DSLR-Bereich (21-24MP) so anfallen.

Qualitative Unterschiede sieht man hingegen stärker im Bereich der Objektive. Hier empfiehlt es sich, vorher genau darüber nachzudenken und zu recherchieren, was es an Objektiven in welchen Qualitätsbereichen zu welchen Preisen gibt, ob es sich lohnt darauf zu sparen und wofür, wie häufig und wie präzise man ein Objektiv benötigt. Empfohlen wird in Fotoforen äußerst schnell das Hochwertigste, was man kaufen kann. Natürlich macht man damit aus Qualitätssicht nichts falsch, hat letztendlich aber vllt. ein lichtstarkes, hochwertiges 1,5kg Objektiv zu Hause liegen und nimmt es nicht mit, weil für die 20km-Wandertouren mit der (z.B.) kleinen, alten 6MP Einsteiger-DSLR nur ein paar Erinnerungsschnappschüsse gemacht werden sollen und ein leichtes, kompaktes 18-200mm Objektiv für ein Drittel des Preises eigentlich die Bessere Wahl gewesen wäre. Schade drum!

Auch auf die Kameras trifft dies zu. Für die meisten Personen würde eine Kamera im Einsteigersegment ausreichend sein, für viele sogar einfach eine Kompaktkamera oder Bridgekamera ohne Wechselobjektiv. Gekauft wird aber das Teurere, weil es gut klingt, sich gut macht und der Verkäufer sowie Internet einem auch dazu raten. Dabei habe ich schon so manche brilliante Fotografen gesehen, die nur mit einer Einsteiger-DSLR und einem 50mm 1.8 Objektiv (aktueller Gesamtpreis ca. 400-500 EUR) + Tageslicht arbeiten und durchgehend beeindruckende Ergebnisse erzielen.
Definitiv (aber für viele vllt. nicht ausschlaggebend)Â auch eine Komfort- und Geschmacksfrage, da größere Kameras natürlich auch mehr Funktionen mit sich bringen sowie durch größere Gehäuseausmaße auch anders anzufassen und zu bedienen sind.

Letztendlich ist es immer der Fotograf hinter der Kamera, der das Gerät bedient und damit Fotos erarbeitet. Unterschiede wie Dynamikumfang, Schärfe, Auflösung und Bilder pro Sekunde verbessern ggf. die eigenen Aufnahmen aus technischer Sicht, werden einen in der fotografischen Entwicklung aber dennoch nicht voranbringen.

Auf Workshops zeigt sich gerne mal, dass mit der Kamera des Teilnehmers (die offenbar defekt sein muss, da damit nichts gutes bei rumkommt), die der Workshopleiter in die Hand nimmt, plötzlich genauso Aufnahmen zu machen sind, wie mit der des Workshopleiters.

Qualität hat seinen Preis und natürlich sind höherwertige Kameramodelle auch qualitativ besser verarbeitet. Ob sich das allerdings stets auf die eigentliche Bildqualität auswirkt, wage ich zu bezweiflen (den Darstellungsunterschied von Vollformat zu Crop einmal außen vor gelassen).

Um noch einmal auf den oben genannten Monitor zurück zu kommen; mich würde es nicht wundern, wenn nach Absenkung des Preises von 8000 USD so ein Monitor zukünftig auch bei dem ein oder anderen Privat-/Hobbyanwender im Arbeitszimmer ein neues Zuhause findet. Wer’s braucht… 😉